Erfahrungsberichte,  Ungarn

Budapest (ELTE) #3

Einleitung

Im Rahmen eines Erasmusprogramms habe ich das sechste Semester meines Jurastudiums in der ungarischen Hauptstadt Budapest verbracht.
Budapest hat mich besonders durch seine Bauwerke begeistert, wie dem Parlamentsgebäude im neogotischen Stil, der St.-Stephan Basilika, dem Heldenplatz oder auch die Fischerbastei an der Donau. Die vielen Brücken, die die Buda- mit der Pestseite verbinden verleihen Budapest seinen nostalgischen und romantischen Charme.

Wohnen

Eine Wohnung bzw. ein WG-Zimmer kann vorab oder (außerhalb von Pandemiezeiten) vor Ort gemietet werden. Budapest verfügt über ein sehr umfangreiches Angebot an Wohnungen, deren Mietpreise eher preisgünstig sind. Ich habe aufgrund der Pandemie eine kleine Wohnung über Airbnb in der „Baross utca“ angemietet. Die Wohnung befand sich in einer sehr empfehlenswerten Lage, dem VIII. District „Józsefváros“. Die juristische Fakultät war innerhalb von 3 min fußläufig erreichbar. In derselben Straße befinden sich zahlreiche Läden, unter anderem ein ALDI, ein Drogeriemarkt, eine Apotheke etc. Von der Haltestelle „Kalvin ter“, die von der Baross utca ca. 2 min entfernt ist, ist jede Bahn- bzw Buslinie zu erreichen. Zwei Straßen weiter von der Baross utca, der Raday utca, befinden sich unzählige Restaurants. Dort sollte man sich das georgische Restaurant „Tifliso restaurant/ Tifliszo grúz étterem“ nicht entgehen lassen!

Universität

Studiert habe ich an der Etvös Lorand University (ELTE), dessen juristisches Fakultätsgebäude sicherlich zu einer der unzähligen Sehenswürdigkeiten in Budapest gezählt werden kann. Die juristische Fakultät ist eine der ältesten Fakultäten der ELTE. Außerhalb von Pandemiezeiten ist der Vorplatz der juristischen Fakultät ein Treffpunkt aller Studenten, der zum Austausch, gemeinsamen Pausen mit hervorragendem Essen und einem kurzen Spaziergang im „Karolyi kert“, einer kleinen Parkanlage direkt hinter dem Literaturmuseum, einlädt. Innerhalb von 5 min ist auch die Donau fußläufig erreichbar. Dort lädt insbesondere die „Balna Terasz“ für einen Kaffee oder ein gutes Abendessen am Donauufer ein.

An der ELTE habe ich insgesamt vier Kurse belegt: International Commercial Arbitration, International private law of the European Union, enforcement of the basic values of the European Union und das Seminar „Rule of law“. Alle Kurse wurden von hervorragenden Professoren gehalten und sind zu empfehlen. Die belegten Kurse wurde auf Englisch gehalten.

Besonders gefallen hat mit das Seminar „Rule of Law“ und der Kurs International Commercial Arbitration. Letzteres handelte von den Grundzügen des Handelsschiedsrechts. Intensiv diskutiert wurden die Vor- und Nachteile eines Schiedsverfahrens, das Zustandekommen von Schiedsgerichtsklauseln im Einklang mit den verschiedenen Schiedsregeln, der Ablauf eines Schiedsverfahrens und schließlich die Durchsetzbarkeit und Anerkennung des „final Awards“. Um dem Kurs folgen zu können sind Vorkenntnisse im Schiedsrecht nicht erforderlich.

Vereinzelt werden auch Vorlesungen wie „Grundrechte“ oder „Einführung in das deutsche Privatrecht“ auf Deutsch oder Kurse in französischer oder italienischer Sprache angeboten.

Da alle Kurse sehr vorbereitungsintensiv waren, kann ich die Kursanzahl von insgesamt vier Kursen sehr empfehlen. Auf der Seite der ELTE finden sich aber auch schon vorab Beschreibungen der einzelnen Kurse, verbunden mit Hinweisen zur Vorbereitung und dem Kursablauf. Zum Abschluss eines Kurses muss zumeist eine Abschlussklausur geschrieben werden, wobei diese, je nach Kurs durch einen Essay ersetzt werden kann. Die Abschlussnote setzt sich schließlich aus der mündlichen Mitarbeit und der Abschlussklausur bzw dem Essay zusammen.

In den Vorlesungen, die pandemiebedingt nur online stattfanden, herrschte eine angenehme Atmosphäre. Die Vorlesungen wurden interaktiv gestaltet. Alle Professoren waren stets per Mail zu erreichen und standen für Fragen zur Verfügung.

Um den Vorlesungen folgen zu können, sollte ein B1/B2 Level in der englischen Sprache vorhanden sein, sodass nach einer kurzen Eingewöhnungsphase der Umgang mit Rechtsbegriffen auf Englisch keine Probleme mehr darstellen sollte.

Schließlich bestand die Möglichkeit an einem kostenlosen Sprachkurs teilzunehmen, um die ungarische Sprache zumindest in ihren Grundzügen zu erlernen.

Stadtleben

Budapest ist eine beeindruckende und lebendige Stadt mit internationalem Flair. Meine Erwartungen an die Stadt wurden um Einiges übertroffen. Viele Orte im Zentrum, insbesondere rundum der Sehenswürdigkeiten, befinden sich in einer sehr gepflegten und sauberen Umgebung; dennoch hat Budapest, wie jede andere Großstadt, auch dreckige Seiten. Hinzu kommt ein immenses Problem mit Obdachlosigkeit.

Das eigentliche Stadtleben spielt sich auf der Pest-Seite ab, weshalb ich zu einer Wohnung/WG auf dieser Seite raten würde. Dort befinden sich die meisten Sehenswürdigkeiten und die besten Restaurants und Bars/Clubs. Das Nachtleben in Budapest ist sehr facettenreich. Am beliebtesten sind die sog. „Ruin Bars“. Es handelt sich um alte Abrisshäuser, die zu Clubs/Bars umfunktioniert wurden. Die wahrscheinlich bekannteste und empfehlenswerteste Ruinbar ist das Szimpla Kert in der Kazinczy Uta (Straße). Von außen sind die Bars zumeist unscheinbar; doch im Innenhof kommt jeder Besucher auf seine Kosten.

Die Buda-Seite, die von Pest durch die Donau getrennt ist, ist eher ruhiger. Ein kleiner Geheimtipp auf der Budaseite ist der Buda-Part (Park). Er liegt auf einer kleinen Landzunge die in die Donau hineinragt. Im Park befinden sich einige Bars und Restaurants und an der Spitze ein kleiner „Strand“. Meiner Meinung nach ist dieser Park sogar wesentlich schöner als Margarteninsel, einem großen Park mitten in der Donau, der über die Magaret hid (Brücke) zu erreichen ist. Auf der Margareteninsel befindet sich unter Anderem ein Schwimmbad und mehrere Sportplätze sowie riesige Wiesen zum Picknicken. Zudem ist sie rundum umgeben von einer Tartanbahn, die sich zum Joggen eignet.

Auch ein Besuch in Budapests Thermen unumgänglich. Zu empfehlen sind das Gellért-, Széchenyi- und das Rudas-bad.

Der ÖPNV ist in Budapest nicht zu übertreffen. Als Student:in bekommt man ein Monatsticket der BKK für umgerechnet ~11 Euro. Wichtig hierbei ist, dass man seinen deutschen Studentenausweis dabei hat, da dieser als Nachweis dient und man die Matrikelnummer angeben muss. Dies geht an den Automaten an jeder Station.

Ein absolutes Muss ist die Fahrt mit der Tramlinie 2: Sie sieht nicht nur von außen besonders schön, sondern fährt auch direkt entlang des Donauufers.

Zum Kontakte knüpfen kann ich „Erasmus life Budapest“ (ELB) sehr empfehlen. ELB bietet (kostenpflichtige) Partys in Clubs oder auf Booten, Ausflüge, Wandertouren, Stand-up-Paddeling Touren auf der Donau uvm. an. Als ELB-Mitglied erhält man eine preisliche Ermäßigung auf die verschiedenen Unternehmungen.

Beyond Budapest

Ist einem die Großstadt Budapest mal zu viel und besteht der Wunsch nach Natur, so bietet Ungarn eine große Auswahl an Ausflugszielen die unkompliziert mit dem Zug oder mit dem Auto zu erreichen sind. Am bekanntesten ist sicherlich der Balaton (Plattensee). Er ist das beliebteste inländische Urlaubsziel. Ein Besuch ist unumgänglich! Zu empfehlen ist der Ort „Balatonfüred“ am Nordufer des Plattensees. Der Ort ist mit dem Zug in ca. 2 1/2h erreichbar. Reist man mit dem Zug an, so befindet sich vor dem Balaton der Lake Velence. Hier empfiehlt es sich, ein Fahrrad an den am Bahnhof gelegenen Fahrradverleihen zu mieten und eine Radtour um den See zu machen. Rundum befinden sich Restaurants und Strände.

Mein persönliches Highlight war die Stadt „Tata“. Sie liegt im Norden Ungarns und bedeutet so viel wie „die Stadt der Quellen“ oder ist auch bekannt als ungarische Toskana. Die zahlreichen Quellen mit glasklarem ca. 20 Grad warmen Wasser können im „Fenyes education trail of Tata“ für einen Eintrittspreis von ca. 2€ besichtigt werden. Die über die Quellen führenden Holzstege verleihen dem Wald eine surreale Atmosphäre, die sich kaum beschreiben lässt. Für die Anreise würde ich ein Auto empfehlen, sodass einige andere Sehenswürdigkeiten Ungarns auf dem Weg nach Tata besichtigt werden können. Zu nennen sind z.B. die Szelim Cave in „Tatabanya“ und die Floating- Houses in „Oroszlany“.

Schließlich ist noch ein Tagestrip in die kleine Stadt „Szentendre“ sehr zu empfehlen. Die Stadt verfügt über ein reichhaltiges Angebot an Restaurants und Cafés und liegt direkt am Donauufer. Der Zug fährt ab der Magaretenbrücke etwa eine Stunde. Der Ticketpreis liegt, sofern ein Monatsticket für Budapest schon vorhanden ist, bei ca. 1€. Alternativ können in Budapest auch günstig Fahrräder gemietet werden. Die Fahrdauer mit dem Fahrrad beträgt ungefähr 2 1/2h.

Fazit

Ich kann allen Studierenden ein Auslandssemester während des Grundstudiums nur ans Herz legen! Es ermöglichte mir nicht nur in fachlicher Hinsicht einen Blick über den Tellerrand hinaus, sondern hat mich auch in persönlicher Hinsicht geprägt. Durch ein Auslandssemester werden Erfahrungen gesammelt, die ein „starrer“ Studienverlauf, insbesondere im Jurastudium, nicht hergeben kann. Budapest eignet sich hervorragend zum Sammeln dieser Erfahrungen. Auch nach dem Aufenthalt habe ich viel Kontakt zu meinen internationalen Kommilitoninnen/Kommilitonen. Zur Zeit plane ich eine Reise zu einer brasilianischen Kommilitonin. Diese und weitere Möglichkeiten Kontakte zu knüpfen, fremde Kulturen kennenzulernen und neue Länder zu bereisen wären mir ohne mein Auslandsemester verborgen geblieben. Umso schwerer fiel mir die Rückreise nach Deutschland. Doch durch das Auslandssemester kann ich nun umso motivierter in das Repetitorium starten!