Erfahrungsberichte,  Griechenland

Athen #3

Stadt und Umgebung

Athen ist eine unglaublich vielfältige Großstadt, dessen antikes Erbe in allen Ecken der (Innen-)Stadt zwischen traditionellen griechischen Gassen und modernen Rooftopbars aufgefunden werden kann. Im Zentrum Athens findet sich eine klassische, europäische Innenstadt vor, welche von der Akropolis und diversen anderen Archäologiestätten umrundet wird. Schlendert man durch die Stadt, zieht ein atemberaubend schöner Anblick die Aufmerksamkeit immer wieder auf das Wahrzeichen der griechischen Hauptstadt. Ist man kein großer Fan von Geschichte und Archäologie, wird dennoch reichlich für einen gesorgt. Begibt man sich in Richtung Süden, findet man in Vouliagmeni schöne Strände mit vielfältigen Freizeitattraktionen. Am besten kommt man dort mit dem KTEL (private Reisebusunternehmen) hin, dessen Preise sehr überschaubar sind. Studenten zahlen einen ermäßigten Preis in Höhe von 2,00 €. Generell sind die Griechen äußerst sozial, sodass man als Student, gegen Vorlage seines Studentenausweises, fast immer mit einer Ermäßigung von 50% rechnen kann. Gerade deshalb kann ich jedem nur ans Herzen legen, die Preisvorteile hinsichtlich Inlandsreisen, vor allem mit der Fähre auszunutzen, um möglichst viele Inseln zu sehen. Als absolutes Highlight möchte ich hier vor allem Oia, Santorini nennen. Man sollte sich hierbei nicht von dem Mythos, dass die kykladischen Inseln unbezahlbar seien einschüchtern lassen. Unbezahlbar ist meiner Meinung ausschließlich der Erfahrung, die man an einem solch magischen Ort macht. Sucht man (richtig) auf gängigen Plattformen wie beispielsweise AirBnB, findet man zur Nebensaison definitiv eine bezahlbare Unterkunft. Und isst man nicht jeden Tag in einem Restaurant mit direktem Blick aufs Meer, unterscheiden sich die Kosten für Verpflegung nicht sonderlich von denen einer deutschen Großstadt. Meine Must-Sees innerhalb Athens sind neben der Akropolis und den Athener Museen, der Lykabettus, die Stavros-Niarchos-Foundation und der Marina Flisvou-Yachthafen. Auch die Rooftopbars mit Blick auf Akropolis in Monasteraki sollte man sich nicht entgehen lassen. Hier empfehle ich einen Besuch am Abend. Meine Favoriten sind die „360-Athens Bar“ und das „A for Athens“. Zu guter Letzt kann ich das Gkazi-Viertel zum Feiern empfehlen. Dort befinden sich die Athener-Nachtclubs mit Veranstaltungen und Musik für Jedermann.

Sprache/sprachliche Vorbereitung

Für den Alltag ist es selbstverständlich von Vorteil, bereits einen VHS-Sprachkurs o.ä. in Deutschland absolviert zu haben. Zwingend notwendig ist es allerdings nicht, da die meisten Griechen, abgesehen von Aussprache und Akzent, gutes Englisch sprechen und Vorlesungen ohnehin in englischer, deutscher und französischer Sprache angeboten werden. Außerdem wird von der Universität ein kostenloser Sprachkurs angeboten, welcher einmal die Woche stattfindet. Die Teilnahme ist freiwillig. Mehr kann ich leider nicht zur sprachlichen Vorbereitung sagen, da Griechisch meine zweite Muttersprache ist.

Unterkunft

Bei der Unterkunftssuche sollte man zwingend einige wichtige Dinge beachten: Gerade für Erasmusstudenten existiert ein reichliches Angebot an Wohnungen von darauf spezialisierten Unternehmen wie z.B. StayinAthens, Errathens, housinganywehre etc. Diese Unternehmen bieten grundsätzlich gute Wohnungen an. Sie befinden sich allerdings in den eher unbeliebteren Gegenden Athens, was meiner Meinung nach, die hohen Preise daher nicht gerechtfertigt. Zu den entsprechenden Gegenden gehören hier insbesondere die Folgenden. Ich lege jedem ans Herz, auf gar keinen Fall in diesen Gegenden zu mieten: Omonia, Viktoria, Metaxourgio.

Durch den Kopf gehen lassen könnte man es sich bei Kypseli und Exarchia. Zentral-Exarchia ist ein von überwiegend (stark) Links-Orientierten bewohntes Viertel, welches erst vor einigen Jahren stückweise, wieder unter die Kontrolle des Staates gelangen konnte. Im Zentrum Exarchias würde ich keine Wohnung mieten, an der Grenze zu Neapoli oder in der Nähe des Leforos Alexandras allerdings schon. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Optimal ist es natürlich, wenn man die Möglichkeit hat, sich für einige Tage ein AirBnB zu nehmen, ein Gefühl für die Gegend zu bekommen und sich dann auf eine Wohnung für den Aufenthalt festzulegen. Auch ich habe meine Wohnung über AirBnB gefunden, ein wenig mit dem Vermieter verhandelt und so eine zufriedenstellende Einigung erzielen können. Gegenden, die ich uneingeschränkt empfehlen kann, sind: Kolonaki, Pangrati, Neapoli und Zografou. Hier muss man selbstverständlich dann aber auch mit einem entsprechend höheren Mietpreis rechnen.

Ankunft/Erste Woche

Um mich an die neue Umgebung zu gewöhnen bin ich bereits eine Woche vor Beginn des Semesters angereist. Coronabedingt fand die Begrüßung der neuen Studenten leider online statt (wie im Übrigen auch das ganze Semester). Bei meiner Ankunft befand sich Griechenland noch im Lockdown, sodass leider auch keine Veranstaltung der ESN stattfanden. Über Whatsappgruppen ließen sich allerdings schnell Kontakte knüpfen. Ich kann jedem nur ans Herz legen, an dem ESN-Buddyprogramm teilzunehmen, um einen griechischen Studenten kennenzulernen, welcher einem beim Einstieg zur Seite steht und im Übrigen auch zu einem guten Freund werden kann. In diesem Abschnitt ist auch zu erwähnen, dass die Griechen alles sehr entspannt angehen. Man muss manchmal einen Anruf mehr betätigen, um eine Unterschrift, auf die bei der Heimuniversität einzureichenden Dokumente zu bekommen. Dem sollte man sich nur bewusst sein.

Fächerauswahl

Grundsätzliches: Ich kann hier nur für das Sommersemester sprechen. Die meisten Vorlesungen finden in englischer Sprache statt. Zusätzlich wird jeweils ein Kurs in deutscher und französischer Sprache angeboten. Die auswählbaren Kurse und ihre dazugehörigen ECTS werden alle bereits zu Beginn des akademischen Jahres auf der Webseite der Universität hochgeladen. Berücksichtige ich auch die Meinungen einiger Kommilitonen, kann ich zum Schwierigkeitsgrad sagen, dass dieser sehr dozentenabhängig ist. Anscheinend habe ich meine Kurse glücklich ausgewählt. Ich würde nämlich pauschal sagen, dass die Anforderungen in meinem Fall keineswegs mit denen in Deutschland vergleichbar sind. Grund dafür ist, dass die Vorlesungen für Erasmus-Studenten getrennt von den griechischen Studenten stattfinden.

Ich habe die folgenden Kurse ausgewählt:

  •  Introduction to the Greek Civil Law (Deutsch): Der Kurs ist meiner Meinung nach sehr empfehlenswert. Er wird von zwei äußerst kompetenten Professoren geleitet und ist einfach zu verfolgen. Im Kurs wird das deutsche und griechische Zivilrecht verglichen. Die Abschlussklausur fand schriftlich statt.
  • Family Law (Englisch): Auch den Besuch dieses Kurses kann ich jedem zweifelsfrei nahelegen. Ein hochkompetenter und gleichermaßen entspannter Professor, der bei konstanter Mitarbeit äußerst großzügig bewertet. Man bekommt 4 ECTS für einen 20-minütigen Vortrag eines zugeteilten Falles vor dem ECHR und 3 ECTS für das Bestehen einer mündlichen bzw. schriftlichen (je nach Wahl) Prüfung.
  • Company Law (Englisch): In diesem Kurs sollte man auf jeden Fall nacharbeiten. Inhaltlich sehr interessante Themen mit ausführlichen Folien. Die Prüfung fand schriftlich statt.
  • Collective Labour Law (Englisch): Der Professor lädt ein sehr ausführliches Skript hoch und grenzt die Themen ein. Daher war es nicht immer von Nöten, die Vorlesung konzentriert zu verfolgen. Korrigiert wird laut eigener Aussage äußerst großzügig, sofern man ihm beweisen kann, etwas gelernt zu haben. Dem stimme ich eindeutig zu. Die Klausur fand schriftlich statt.

Kurse, die ich besucht habe, ohne die Abschlussprüfung zu absolvieren:

  • Banking Law: Inhaltlich ein äußerst interessantes Fach, welches von einer guten Professorin gelehrt wird. Das Problem ist, dass man hier mit dem Lehrstoff regelrecht erschlagen wird und die Folien sehr unübersichtlich gestaltet sind. Die Prüfung fand mündlich statt.
  • International Business Transactions Law: Diesen Kurs kann ich nur empfehlen, wenn man bereits fundierte Vorkenntnisse im internationalen Privatrecht hat. Die Professorin lädt leider keinerlei Lernmaterialien hoch und nutzt keine Folien, was das Verstehen und Verfolgen des Kurses erheblich erschwert. Die Prüfung fand mündlich statt.

Sonstige Eindrücke

Hier noch einige Dinge die meinen Aufenthalt erheblich erleichtert haben:

Athen ist, was die öffentlichen Verkehrsmittel angeht, äußerst gut vernetzt. Daher sollte man sich gleich um die MetroCard kümmern. Die App Moovit zeigt alle Verbindungen an. Zu beachten ist allerdings, dass zwischen 0.00 und 5.00 Uhr keine Busse und Bahnen fahren. In dieser Zeit kann man sich ein Taxi nehmen. Die Preise sind relativ überschaubar, ich empfehle allerdings die Nutzung der App „Beat“, um einen guten Kostenüberblick zu bewahren.

Die griechische Universität bietet den Erasmus-Studenten zwei kostenlose (und sehr leckere, ausgewogene) Mahlzeiten pro Tag an. Die Mensa befindet sich in Kolonaki. Dafür braucht man seinen Studentenausweis, muss sich allerdings separat um die Aktivierung der Karte kümmern. Hier nochmal der Hinweis! Keiner kommt auf euch zu. Es dauert 2-3 Anrufe, bis die Karte aktiviert wird. Der Aufwand ist allerdings allein schon aus Kostengründen mehr als nur lohnenswert.

Letztlich empfehle ich den Aufenthalt jedem. Obwohl mein Semester coronabedingt leider nur online stattfand, würde ich es jederzeit wieder tun. Man lernt nochmal auf eine andere Art und Weise selbstständig zu sein und entwickelt sich persönlich enorm weiter. Dieser Prozess wird begleitet von unzähligen, unvergesslichen Erfahrungen und Freunden, die man fürs Leben finden kann.