Erfahrungsberichte,  Spanien

Sevilla #4

Stadt und Umgebung

Sevilla ist eine traumhafte Stadt im Süden Spaniens. Sevilla liegt derart vorteilhaft in der Autonomem Gemeinschaft Andalusien, dass man im Umkreis von ca. 2-3 Stunden Strandausflüge im Süden oder in Portugal, Städtereisen nach Málaga, Córdoba, Granada uvm. sowie Wandertouren zB in die Sierra Nevada machen kann. Anders als in Deutschland sind dort eigentlich alle Bewohner stets gut gelaunt und viel draußen unterwegs. Es gibt sehr viele mögliche Freizeitaktivitäten wie zB Wassersport auf dem durch Sevilla verlaufenden Fluss Guadalquivir, Intercambios mit Menschen verschiedenster Nationalitäten zum Sprachaustausch, WhatsApp-Gruppen für Aktivitäten wie Frisbee, Reisen, Volleyball uvm.

Sprache / sprachliche Vorbereitung

Das ZfI bzw. die Gastuniversität schreibt ein B2-Niveau (Spanisch oder Englisch) aus. In der Schule hatte ich bereits Spanisch auf einem guten B2-Niveau, aber durch die lange Pause habe als Vorbereitung auf den Aufenthalt in den zwei Semestern zuvor die (kostenlosen) B1/B2- und B2-Spanischkurse vom ZFA der RUB belegt. Vor Ort ist man relativ schnell wieder in die Sprache reingekommen. Der andalusische Dialekt ist durchaus gewöhnungsbedürftig, aber das ist personenabhängig. Die Verständlichkeit war auch ein Kriterium bei der Kursauswahl.

Am Ende des Aufenthalts wurde insbesondere in Konversationen die deutliche Verbesserung der Sprachkenntnisse sichtbar. Während zu Beginn im Grunde jeder Satz wohl überlegt war, liefen die Konversationen am Ende des Aufenthalts teilweise wie von selbst. 

Unterkunft

Für die Wohnungssuche haben eine Kommilitonin und ich uns zusammengetan und bereits ein paar Wochen vor Anreise über idealista ein Zimmer in einer super gelegenen 4er-WG in Triana gefunden. Nachdem der Vermieter (bzw. dessen Vertreter) das Zimmer und die gesamte Wohnung in einem Videochat gezeigt hat, haben wir den Vertrag unterschrieben und die Kaution von einer Monatsmiete überwiesen. Hier ist wichtig, sich die Wohnung vorher live zeigen zu lassen und bestenfalls nicht mehr als die ortübliche Kaution von einer Monatsmiete anzuweisen.

Leider sind in Spanien alle Unterkünfte ohne Wärmedämmung und ohne (Zentral- )Heizung. Daher und weil mein Zimmer vollständig im Schatten lag, hatte ich nachher viel schwarzen Schimmel in meinem Zimmer. Außerdem war durch die Kälte in der Wohnung und die Kälte in der Uni durch die coronabedingt durchgehend geöffneten Fenster eigentlich jeder ab Oktober permanent krank. Diesem Problem des Wintersemesters (und auch des Sommersemester-Beginns) kann man partiell durch eine Wohnung in höheren Stockwerken entgegenwirken. Zudem sollte sich das Zimmer nicht auf einer Schattenseite befinden und man sollte sich nach einem elektrischen(!) mobilen Heizgerät erkundigen.

Ankunft / Erste Woche

Wir sind sechs Tage vor Beginn der Einführungswoche, welche wiederrum in der Woche vor Vorlesungsstart stattfand, angereist. Hier lohnt es sich durchaus, (für das Wintersemester) bereits zum 1. September anzureisen, um alle Aktivitäten mitmachen zu können. Nach dem Bezug der Wohnung und der Erledigung von ein paar Einkäufen haben wir direkt zu Beginn erste Aktivitäten wie ein Kennlernpicknick mitgemacht. Hier sind insbesondere die Organisationen Erasmus Student Network (ESN) und Erasmus Club Sevilla (ECS) empfehlenswert. Eine ECS-Karte für Rabatte bei Reisen, kostenlose Clubeintritte etc. konnte man bereits vor dem Semester zu einem vergünstigten Preis erwerben. Zudem lohnt sich der Erwerb eine studentischen Prepaid- Guthabenkarte für den ÖPNV, da man so bei jeder Fahrt deutliche Vergünstigungen erhält. Die Karte gibt es in vielen Läden in der Innenstadt.

In der Einführungswoche (13.-18. September) konnte man innerhalb des Campusnetzes dann sein Certificate of Arrival herunterladen. Außerdem gab es auf dem Campus Stände mit kostenlosen Handreichungen (Kullis, T-shirts, Stoffbeutel etc.). Insgesamt war die Woche aber noch sehr entspannt.

Fächerauswahl

Grundlagen und Begriffsbestimmungen:

Die Noten gehen von 0 bis 10. Man braucht für einen Kurs mind. eine 5, um diesen zu bestehen.
Bei jedem Kurs gibt es sog. EB (Enseñanzas Básicas) und EPD (Enseñanzas Prácticas y de Desarrollo). In der Regel bilden EPD 30 % (max. 3) und EB 70% (max. 7) der Abschlussnote. Die EB schließen zumeist mit einer Klausur ab; bei den EPD kommt es darauf an: Während manche Kurse (schriftliche und/oder mündliche) Einzel- und Gruppenpräsentationen (zB. bei Filosofía del Derecho) benoten, berücksichtigen andere die reine Anwesenheit (zB. bei Derecho Romano) und wieder andere abzugebende (Haus- )Aufgaben (zB Fundamentos del Derecho Público – hier wurde die Aufgabe im Unterricht begonnen und musste wenige Tage später digital eingereicht werden). Zum Bestehen des Kurses muss man jede Einzelleistung (mit 50 %) bestehen.

Kurse: 

Da die RUB 15-30 ECTS für das Erasmus-Stipendium verlangt, habe ich fünf Kurse, also (30 ECTS) final gewählt. Für die Wahl gab es zwei Phasen: zum einen vom 15.- 16.07.2021, zum anderen während der ersten ca. zehn Tage der Vorlesungszeit. Es empfiehlt sich, direkt in der ersten Phase alle interessanten Fächer zu wählen und sich diese in der ersten Woche anzuschauen. Außerdem sollte man zu Beginn relativ schnell sein, um noch einen Platz zu erhalten. Bei meiner ersten Wahl hatte ich zB gute 50 ECTS gewählt. Hier gilt zu beachten: Jeder Kurs hat mehrere Zeiten bei EPD und teilweise auch bei den EB. Außerdem wird ein Kurs teilweise unter verschiedenen Kursnummern angeboten, da dieser Bestandteil von verschiedenen Studiengängen (Grado en Derecho, Doble Grado en Derecho y …, etc.) sein kann. Für Erasmus-Studierende ist aber der Studiengang unterheblich.

Allgemein würde ich empfehlen, eher Grundlagenfächer (Fundamentos del Derecho etc.) zu wählen. Die Veranstaltungen Derecho Constitucional, Derecho Administrativo und Derecho Penal sagten mir nach Besuch in der ersten Woche überhaupt nicht zu, da es keine Materialien zum Wiederholen oder Mitverfolgen des Stoffes gab bzw. bei letzterer Veranstaltung die Dozentin nicht sehr erfreut über unsere Anwesenheit war. Diese Erfahrungen sind jedoch abhängig von den Dozenten.

Zu den letztlich belegten Fächern:

EU-Recht (Derecho de la Unión Europea) bei José Manuel Cortés Martin: Der Dozent war nett und sehr Erasmus-freundlich, aber absolut unkoordiniert und hatte im Vergleich zu den deutschen Dozenten nicht viel Ahnung vom EU-Recht. Es mussten letztlich nur Teile von Gesetzen auswendig gelernt werden. Ein tiefergehendes Wissen oder Verständnis war für das Fach nicht erforderlich.
Schwierigkeiten: (wie überall) Fachvokabular und die Menge der Materie, die stupide auswendig gelernt werden muss. Außerdem zählt die Abschlussklausur hier 100 %, sodass man 5 von 10 Punkten erreichen muss. Letztlich haben im ersten Durchgang bei den convocatorias ordinarias, also den regulären Abschlussprüfungen von 41 Kursteilnehmenden nur drei bestanden, davon ein Spanier und wir Erasmus-Studierende der RUB. Der Dozent hat allerdings 90% der Fragen zuvor angekündigt, sodass man dann ganz gut auf Lücke lernen konnte.

Römisches Recht (Derecho Romano) bei Francisco José Tejada Hernández: Auch der Kurs ist vom Niveau her nicht ansatzweise vergleichbar mit dem deutschen Pendant. Auch hier wurden viele Dinge sehr unpräzise behandelt, zB keine Trennung von Besitz und Eigentum vorgenommen. Das machte es etwas schwierig, da man einiges umlernen musste. Zu dem Kurs gab es jedoch ein Lehrbuch, welches man gut durcharbeiten konnte. Dieses war sehr simple und wie ein Glossar aufgebaut. Die Klausur war in Ordnung, aber der Lernaufwand vergleichsweise hoch. Dies ist jedoch auch abhängig vom Dozenten, da dieser Kurs ca. zehn Mal angeboten wurde.

Grundlagen des öffentlichen Rechts (Fundamentos del Derecho público) bei Carmen Ortiz Laynez: Eine sehr nette, aber zumeist verplante Dozentin. 20 Minuten Verspätung gehörten zur Tagesordnung. Der Kurs ist aber empfehlenswert, da der größte Teil der Abschlussklausur aus Multiple-Choice-Fragen besteht, die während des gesamten Semesters teils mehrfach in der Aula Virtual hochgeladen werden. Außerdem ist es sehr spannend, da man dort die Grundzüge der spanischen Staatsorganisation lernt. Für jede EPD gab es einen Aufgabenzettel, der im Unterricht begonnen und zu Hause fertiggestellt werden musste. Diese Lösungen wurden sodann bewertet.

Rechtsphilosophie (Filosofía del Derecho) bei Maria Luisa Soriano González: Eine ungemein freundliche, hilfsbereite und kompetente Dozentin. Das ist der einzige anspruchsvollere und dadurch noch spannende Kurs gewesen. Der Kurs war – anders als die vorgenannten – nicht nur mit Inhalten gefüllt, die man auswendig lernen musste. Viel wurde auch untereinander zu diversen Themen diskutiert und es mussten eine Einzelpräsentation und eine Gruppenpräsentation (schriftliche Arbeit + Vortrag + kurzes Video) vorbereitet werden. Lediglich in der Abschlussklausur ging es wieder um das Auswendiglernen der Inhalte, was aber hier deutlich besser machbar war.

Kultur und Gesellschaft BI von deutschsprachigen Ländern (Cultura y sociedades BI (docencia en alemán)) bei Valentina Vivaldi: Erst nach Kursstart haben wir herausgefunden, dass der Kurs im Grunde ein fachspezifischer Deutschkurs ist. Dieser behandelte u.a. auch das politische und rechtliche System in Deutschland. Trotzdem war der Besuch des Kurses sehr gewinnbringend, denn die Dozentin oder auch die spanischen Mitstudierenden haben uns stets die spanischen Äquivalente beigebracht, sodass man sehr gut Fachvokabular lernen konnte. Diesen Kurs zu bestehen, war mit wenig Lernaufwand durch den Unterricht in unserer Muttersprache sehr gut möglich. Eine Teilnahme kann nur empfohlen werden. Den Kurs gibt es ebenfalls für BII und CI, aber bei BI wurde insbesondere viel über die deutsche Staatsorganisation (Wahlsystem, Gewalten etc.) gesprochen.

Abschließende Hinweise
In allen Klausuren durften wir ein Wörterbuch verwenden.
Und übrigens, ein Blick auf Wuolah lohnt sich, da auf der Seite viele Skripte zu allen Vorlesungen verfügbar sind.

Sonstige Eindrücke

Ein Semester in Sevilla kann nur empfohlen werden. Für jeden ist dort etwas dabei:

  • Partys in Clubs, an Strandausflügen und Wochenendausflügen

  • Kultur und Sehenswürdigkeiten in Sevilla und Umgebung

  • Wandermöglichkeiten in der Umgebung

  • Wassersport, Frisbee, Volleyball, Padel uvm. in der Stadt (gerade über

    WhatsApp-Gruppen meist kostenlos)

  • Intercambios für den Kontakt zu Einheimischen und der Verbesserung von

    Sprachkenntnissen.

Und vor allem der beinahe stetige Sonnenschein und gute Laune der Einheimischen…