Athen #1
Stadt und Umgebung
Athen selbst habe ich trotz des Großstadtcharakters als nicht allzu überfüllt wahrgenommen. Allerdings habe ich am Abend meiner Anreise einen kleinen Kulturschock erlitten, als ich beobachtete, wie drei Personen gegenüber von meinem Hauseingang Drogen konsumierten. Zudem erschien mir die Stadt sehr dreckig und es war ungewohnt, dass Schwarzhandel so offen auf der Straße praktiziert wurde.
Nach ein paar Tagen habe ich mich aber an die Umstände gewöhnt und bereits die schönen Seiten Athens, von denen es sehr viele gibt, entdeckt. Was mir besonders positiv aufgefallen ist, ist, dass die Geschichte Griechenlands durch die zahlreichen Sehenswürdigkeiten und Denkmäler erhalten ist. Im Vergleich zu anderen Großstädten ist in Athen eben nicht jeder Fleck bebaut und modernisiert worden.
Abgesehen davon bietet Athen verschiedene Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Neben den Sehenswürdigkeiten, die von Studenten kostenfrei besucht werden können, kann man günstig essen und feiern gehen und die Stadt gut zu Fuß erkunden. Ein Spaziergang durch die Viertel Plaka, Monastiraki und Exarchia lohnt sich. Vom Hafen in Piräus aus lassen sich außerdem die vielen kleinen Inseln um Athen herum schnell und kostengünstig erreichen. Zu meinen persönlichen Favoriten zählen Ägina und Hydra.
Auch eine Reise nach Thessaloniki sollte man sich nicht entgehen lassen, da dort nicht nur die Stadt, sondern auch die Strände locken.
Gerade am Anfang sollte man auch an den Kennenlerntrips, die von ESN organisiert werden, teilnehmen, um neue Kontakte zu knüpfen. Ich habe auf Santorini viele Studenten kennengelernt, die später zu guten Freunden geworden sind.
Die Menschen vor Ort habe ich als sehr offen, warmherzig und gastfreundlich wahrgenommen. Ich habe mich bereits vom ersten Tag an gut aufgenommen und integriert gefühlt. Die Bemühungen um die griechische Sprache wurden wertgeschätzt und mit Freundlichkeit belohnt.
Griechenland hat viel zu bieten, was mir persönlich vor meinen Auslandsaufenthalt gar nicht bewusst war. Natürlich verlief die Organisation nicht immer reibungslos und man sollte sich von der Pünktlichkeit und einem geordneten Verkehrssystem verabschieden, aber insgesamt habe ich eine unvergessliche Zeit in Athen verbracht. Anzumerken ist abschließend noch, dass die Menschen trotz der vorherrschenden Finanzkrise lebensfroh sind und einen Charme versprühen, von dem wir uns auch noch eine Scheibe abschneiden können.
Sprache/sprachliche Vorbereitung
Vor meinem Auslandsaufenthalt habe ich keinen vorbereitenden Sprachkurs besucht. In Athen habe ich einen griechischen Sprachkurs besucht. Dieser fand zweimal die Woche à drei Stunden statt und hat eine Grundlage gebildet, um sich im Alltag verständigen zu können. Am Ende des Kurses wurde ein Sprachtest absolviert und bei erfolgreichem Bestehen hat man das Level A1 erreicht.
Unterkunft
Ich habe in einer WG mit drei weiteren Studenten gewohnt. Meine Unterkunft habe ich über Housing Anywhere gefunden. Die Wohnung befand sich im Stadtteil Kypseli und war zwei U-Bahn-Stationen von der juristischen Fakultät entfernt. In der Umgebung gab es mehrere Einkaufsmöglichkeiten, Bäckereien und Cafés. Die U-Bahn-Station war zu Fuß in ca. sieben Minuten zu erreichen. Die Unterkunft war im Großen und Ganzen in Ordnung, allerdings bei meiner Ankunft nicht sehr sauber. Leider gab es auch nicht viel Tageslicht in der gesamten Wohnung und ein Gemeinschaftsraum hat gefehlt. Im Winter war es wegen mangelnder Heizung oftmals sehr kalt, aber da man meist nur zum Schlafen in der Wohnung war, war dies zu verkraften. Positiv war, dass die gemeinsam genutzten Räume einmal wöchentlich von einer Putzfrau gereinigt wurden. Dafür musste ein monatlicher Aufpreis von 20 Euro gezahlt werden.
Ankunft/Erste Woche
Am Abend meiner Ankunft war ich zunächst überfordert von den Eindrücken, die sich mir boten, wie bereits dem ersten Punkt zu entnehmen ist. Als ich die Wohnung betrat, empfingen mich Dunkelheit und Schmutz, was nach einem langen Tag nicht gerade einladend war. Mein Zimmer wirkte auf mich sehr kahl und ich konnte mir nicht vorstellen, die nächsten fünf Monate dort zu verbringen. Auch der Stadtteil konnte mich anfangs nicht beeindrucken.
Nach der ersten Nacht war ich jedoch positiver gestimmt und habe mich erstmal eingerichtet und es mir gemütlich gemacht. Zudem habe ich angefangen, die Umgebung genauer zu erkunden und bereits die ersten Sehenswürdigkeiten besucht. Da der Orientierungstag erst am 25.09. bevorstand, hatte ich genug Zeit, das schöne Wetter zu genießen und auch das eine oder andere Mal an den Strand zu gehen, der mit der Straßenbahn gut zu erreichen ist.
Bereits ein paar Tage nach meiner Ankunft fanden die ersten ESN-Veranstaltungen statt, auf die ich über Facebook aufmerksam gemacht wurde. Neben diversen Mottopartys standen kulturelle Ausflüge auf dem Programm und es wurde unter anderem ein traditioneller griechischer Abend mit griechischen Spezialitäten und Livemusik organisiert. So hatte man schon vor Vorlesungsbeginn die Möglichkeit, mit den anderen Studenten in Kontakt zu treten.
Außerdem habe ich in der ersten Woche meinen Buddy kennengelernt, der mir vorab zugeteilt wurde. Sie war ebenfalls eine Jurastudentin, die sehr hilfsbereit und offen war. Sie hat mir im Laufe der nächsten Wochen schöne Orte in Athen gezeigt, die vor allem unter Einheimischen beliebt sind. Durch sie habe ich einen intensiveren Einblick in die griechische Kultur erhalten und bin schneller in Kontakt mit anderen Griechen getreten und somit der sogenannten Erasmusblase entkommen.
Fächerauswahl
Ich habe vier rechtswissenschaftliche Veranstaltungen besucht, die ich vorab auf Grundlage des Kurskatalogs ausgewählt habe.
Eine meiner Vorlesungen war „Public Health Law“. Dort habe ich einen Eindruck in das griechische Gesundheitssystem bekommen und zugleich wurde ein Vergleich zu anderen europäischen Gesundheitssystemen hergestellt. Die Abschlussklausur war ein „Take Home Exam“, das in drei Stunden geschrieben werden musste.
Die Vorlesung „National and International Protection of Fundamental Rights“ fand auf Deutsch statt und behandelte den Schutz der Grundrechte in Griechenland. Dabei wurde ein Vergleich zum Bonner Grundgesetz hergestellt. Die aktuelle Rechtsprechung des griechischen Staatsrates wurde besprochen und im Anschluss gab es immer mal wieder Diskussionsrunden.
Eine weitere von mir besuchte Vorlesung war „Intellectual Property Law“, die sich größtenteils auf trademarks fokussierte.
Die Vorlesung „European Law“ hat sich hauptsächlich mit dem Einfluss der EU auf die Mitgliedstaaten beschäftigt. Neben den wichtigsten Institutionen wurde besprochen, wie Gesetze verabschiedet werden und wie der Binnenmarkt aufgebaut ist.
Das Benotungssystem erstreckt sich von 1-10 Punkten. Es werden fünf Punkte benötigt, um eine Klausur zu bestehen. 5-6 Punkte entsprechen der Note „good“, 7-8 Punkte der Note „very good“ und 9-10 Punkte der Note „excellent“.
Beraten und betreut wurde man zum größten Teil von der akademischen Koordinatorin, die entweder per Mail oder während ihrer Sprechzeiten zu erreichen war. Sie war sehr bemüht, verschiedene Angelegenheiten zeitnah zu erledigen und hat, wenn nötig, den Kontakt zu Professoren hergestellt.
Sonstige Eindrücke
Auf meinen Auslandsaufenthalt blicke ich mit einem Lächeln im Gesicht zurück. Es war eine prägende Zeit für mich, in der ich über mich hinausgewachsen bin und neue Erfahrungen sammeln konnte. Obwohl ich mir meine erbrachten Leistungen nicht anrechnen lassen kann, habe ich viel Neues für mein Studium dazugelernt.
Doch das Wichtigste für mich ist, dass ich eine andere Kultur und Sprache kennengelenrt und Freunde fürs Leben gefunden habe. Dahingehend ist mir der Abschied sehr schwer gefallen, aber Besuche in die jeweiligen Länder sind bereits geplant, sodass man definitiv in Kontakt bleiben kann.
Zu meinen schönsten Erlebnissen zähle ich die Kurzreisen, die ich mit meinen Freunden unternommen habe. Ich bin froh, Gleichgesinnte gefunden zu haben, denen es wichtiger war, das Land zu bereisen als lediglich von einer Party zur nächsten zu gehen. Ich kann jedem nur ans Herz legen, sein Gastland zu erkunden – wenn nicht während des Auslandsaufenthalts, wann dann?
Abschließend kann ich noch den Tipp geben, auf seine Wertsachen gut Acht zu geben, da einige meiner Freunde in der U-Bahn bestohlen wurden. Abgesehen davon hält sich die Kriminalitätsrate aber gering und solange man nachts in Gruppen unterwegs ist, hat man definitiv nichts zu befürchten.
Alles in allem habe ich persönlich jedoch eine unvergessliche Zeit erlebt und bereits jetzt steht fest, dass es mich irgendwann wieder nach Athen ziehen wird, denn für mich ist diese Stadt zu einer zweiten Heimat geworden.